licanhh je napisao/la:
da wird stark an der statistik "rumgedoktort" bis sie stimmt. die wahrheit ist, dass immer mehr menschen hartz IV bezieher sind und es immer weniger sozialversicherungspflichtige jobs gib...
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Du bist richtig. Nicht alles ist so glitzig.
ArbeitsmarktDie Statistik zeigt nicht die ganze WahrheitDie offiziellen Zahlen, die von weniger als drei Millionen Arbeitslosen schwärmen, sagen nicht alles aus. Denn noch gut vier Millionen Deutsche gelten als unterbeschäftigt. Hinzu kommt eine Stille Reserve von knapp einer Million Menschen.Von
Sven Astheimer29. November 2010 2,945 Millionen - um die niedrigste Arbeitslosenzahl seit 1992 persönlich zu verkünden, hatte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Bekanntgabe der Oktober-Statistik eigens einen Tag vorgezogen. Die Opposition dagegen beklagte Statistiktricks, warf der Regierung vor, das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit im Land zu verschleiern. Auch einige Medienberichte wollten „Statistiktricks enttarnen“. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Welche Zahlen gibt die Bundesagentur für Arbeit bekannt, und wie werden sie erhoben?
Der Vorstand stellt in Nürnberg den Monatsbericht vor. Die öffentliche Wahrnehmung konzentriert sich vor allem auf die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen. Dabei handelt es sich um Stichtagserhebungen. Jeweils um die Monatsmitte werden die Arbeitslosen gezählt. Die Definition dafür steht im Sozialgesetzbuch III: Demnach zählt für die Behörde als arbeitslos, wer sich bei einer Arbeitsagentur oder einem Grundsicherungsträger (Jobcenter oder Kommune) gemeldet hat, im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren ist, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, ein solches sucht und zur Vermittlung zur Verfügung steht.
Wer wird nicht gezählt?
Die Verfügbarkeit für eine Vermittlung schließt automatisch Menschen aus, die an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik teilnehmen. Dazu zählen berufliche Weiterbildung oder Ein-Euro-Jobs.
Welche weiteren Ausnahmen gibt es?
Die große Koalition unter dem damaligen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) führte im Frühjahr 2009 ein, keine Arbeitslosen mehr in die offizielle Statistik aufzunehmen, für deren Vermittlung private Vermittler beauftragt wurden. Die formaljuristische Begründung lautete, dass diese Menschen eben nicht zur Vermittlung zur Verfügung stehen. Derzeit tauchen deshalb mehr als 100.000 Suchende weniger in der offiziellen Bilanz auf. Es gab in den vergangenen Jahren jedoch auch umgekehrte Änderungen, die Arbeitslose wieder in die Statistik holten, etwa durch das Ende der „58er-Regelung“. Auf dieser Basis konnten sich bis zum Jahr 2008 Arbeitslose im Alter von mindestens 58 Jahren vom Arbeitsmarkt zurückziehen und weiter Leistungen beziehen, wurden aber nicht mehr als arbeitslos in der Statistik geführt. Zeitweise fielen so nach Angaben des Arbeitsministeriums rund 400.000 Personen heraus. Der Ausstieg steht jetzt nur noch älteren Langzeitarbeitslosen offen, denen ein Jahr lang kein Stellenangebot mehr von ihrem Vermittler gemacht wurde. Zuletzt waren dies rund 86.000.
Basiert der Rückgang der Arbeitslosigkeit also darauf, dass viele Personen aus der Statistik herausdefiniert wurden?
Zahl der Arbeitslosen unter Drei-Millionen-Marke gesunken
Ein statistisch getriebener „Aufschwung“ müsste etwa auf einer Zunahme der Arbeitsmarktpolitik basieren. Nach Angaben der Stiftung Marktwirtschaft, die die monatlichen Bilanzen auswertet, ist dies nicht der Fall. Das Ausmaß der „statistischen Tricks“ lag zuletzt knapp unter dem zehnjährigen Durchschnitt, heißt es. Noch deutlicher wird dies, wenn man die Wirkung der Kurzarbeit berücksichtigt. Mit diesem staatlich geförderten Instrument wurden während der Wirtschaftskrise Entlassungen verhindert. Mitte des Jahres 2009 gab es in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Kurzarbeiter, die im Durchschnitt um etwa ein Drittel weniger arbeiteten. Aus Sicht der Arbeitsmarktforscher wurden damit mehr als 500.000 gefährdete Stellen gesichert. Diese versteckte Arbeitslosigkeit ist mittlerweile deutlich auf zuletzt noch gut 170.000 Kurzarbeiter (entsprechend 57.000 Stellenäquivalenten) gesunken.
Welche weiteren Messkonzepte gibt es?
Um das Beschäftigungsdefizit besser abbilden zu können, ermittelt die Bundesagentur auch die „Unterbeschäftigung“. Dazu gehören neben den offiziell registrierten Arbeitslosen auch die Maßnahmenteilnehmer sowie Beschäftigte des zweiten Arbeitsmarktes, kurzfristig erkrankte und Personen in Altersteilzeit, geförderte Selbständige und Kurzarbeiter. Alle zusammengerechnet kam die Bundesagentur im Oktober auf 4,06 Millionen Personen. Das sind so wenige wie zum Ende des vergangenen Aufschwungs. Nach der Hartz-IV-Reform waren es zu Jahresbeginn 2005 noch knapp 6,5 Millionen Unterbeschäftigte gewesen. Im November könnte erstmals seit dieser Berechnung die Marke von 4 Millionen unterschritten werden.
Was ist die Stille Reserve?
Das sind Personen, die bereit wären zur Aufnahme einer Arbeit, sich aber aus verschiedenen Gründen nicht bei einer Arbeitsagentur melden: Es können (Früh-)Rentner, Hausfrauen, Studenten, Schüler oder Selbständige sein ebenso wie Entmutigte. Wie groß diese Gruppe ist, lässt sich allenfalls schätzen. Das zur Bundesagentur gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stellt dazu ökonometrische Berechnungen an. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass auch die Stille Reserve in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden ist. Umfasste sie im Jahr 2006 noch knapp 1,5 Millionen Menschen, sind es nach IAB-Schätzung nun weniger als 950.000. Für das kommende Jahr rechnen die Wissenschaftler mit einem weiteren Abbau. Im günstigsten Fall - ein Wirtschaftswachstum von 2,25 Prozent angenommen - würde die Stille Reserve auf 837.000 Personen sinken. Im ungünstigsten Szenario mit einem Wachstum von 1,25 Prozent wären es 864.000.
Gehen mehr Leute arbeiten?
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist nur die eine Seite des Arbeitsmarktes. Wären die guten Nachrichten der jüngsten Zeit größtenteils auf eine statistische Verschiebung von Erwerbslosen zurückzuführen und nicht auf eine höhere Integration in den Arbeitsmarkt, müsste sich dies in einer stagnierenden Beschäftigung niederschlagen. Dies ist jedoch nicht der Fall, im Gegenteil: Die Zahl der Erwerbstätigen, also von Arbeitnehmern und Selbständigen, lag nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im September um 325.000 höher als im Vorjahr und steuert auf die Rekordmarke von 41 Millionen zu. Auch die größte Teilgruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wächst: Zuletzt waren es nach Hochrechnungen der Bundesagentur fast 28 Millionen. Während die Zahl der Vollzeitstellen in der Krise schrumpfte, Teilzeitangebote allerdings zunahmen, werden mittlerweile auch wieder mehr volle Stellen geschaffen. Schließlich legte zuletzt auch die Zahl der offenen Stellen auf hohem Niveau zu.
Fazit:
Nirgendwo in Europa - außer noch in Österreich - hat der Arbeitsmarkt die Krise so gut verkraftet wie in Deutschland. Die Arbeitskräftenachfrage aus der Wirtschaft ist hoch, Erwerbstätigkeit und Beschäftigung legen zu, und die Arbeitslosigkeit sinkt. Allerdings darf das Blickfeld nicht auf die weniger als 3 Millionen registrierten Arbeitssuchenden verengt werden, da diese Statistik große Personengruppen ausblendet. Wählt man ein erweitertes Konzept, kommt man je nach Definition auf 4 bis 5 Millionen Erwerbslose. Aber auch bei dieser Betrachtung gab es in der vergangenen fünf Jahren einen Rückgang um 2 Millionen.Text: F.A.Z.
http://www.faz.net/s/Rub050436A85B3A4C64819D7E1B05B60928/Doc~EAEFF5BCDB9264C77BE2799BCC0C0ADCC~ATpl~Ecommon~SMed.html#A1C511817FF74D1DB39200E5E758D98CBildmaterial: F.A.Z.